Am Dienstag fand auf Antrag des Vorsitzenden der Fraktion Die Grünen-SPD eine Sondersitzung des Stadtrates zum Thema IPO statt. Darin sollten alle Stadträte auf den neuesten Stand zum IPO gebracht werden. Zudem wurde beantragt, den IPO-Kritikern eine Redegelegenheit einzuräumen. OB Hanke hatte daraufhin entsprechende Einladungen an die IPO-Kritiker versendet und Redegelegenheiten zugesichert, zu Letzt unmittelbar vor der Stadtratssitzung vor den ca. 50 Teilnehmern einer IPO-kritischen Demonstration, die vor der Stadtratssitzung auf dem Marktplatz abgehalten wurde.

Eine Stadtratssitzung im Pirnaer Rathaus, zumal der Antragsteller selbst nicht anwesend war, ist nicht der geeignete Rahmen, IPO-Kritikern und IPO-Befürwortern eine Bühne zu bieten ihre Pro und Contras auszutauschen. Angesichts der Tatsache, dass die Demonstration lautstark in der Stadtratssitzung von den Gästeplätzen aus fortgesetzt wurde, wäre ein Austausch von sachlichen Argumenten und Gegenargumenten meiner Meinung nach zudem nicht möglich gewesen. Aus diesem Grund habe ich mich dem Antrag der Freie Wähler angeschlossen, Gästen keine Redegelegenheit einzuräumen. In der anschließenden Diskussion wurde den IPO-Kritikern vorgeschlagen, ihre Argumente in den einzelnen Stadtratsfraktionen vorzutragen und die Stadträte zu einer von ihnen selbst organisierten Veranstaltung als Gesprächspartner einzuladen.
Diese Stadtratssitzung war nicht nur für mich eine Enttäuschung. Sie war inhaltlich von Populismus geprägt und brachte inhaltlich nichts Neues. Die ungewohnt unprofessionelle Vorbereitung der Sondersitzung tat ihr Übriges zum Scheitern bei.
Mit freudiger Begeisterung habe ich in der Stadtratssitzung allerdings zur Kenntnis nehmen dürfen, wie sehr sich das rot-rot-grüne Bündnis im Pirnaer Stadtrat angesichts bisheriger strikter Verweigerung, das Bürgerbegehren zu unterstützen, neuerdings für mehr Bürgerbeteiligung in Sachen IPO einsetzt. Seine eigenen Wähler im Nacken sitzend und die Wahlversprechen („NO IPO“ und „Keine Rüstungsindustrie am Feistenberg“) vor Augen, wird nun offenbar in den links-grünen Reihen versucht, vier Wochen vor der Abstimmung zur Gültigkeit des Bürgerbegehrens am 10.12.2019 die politisch korrekte Kurve zu bekommen. Dann wird sich zeigen, wie stark das Demokratieverständnis tatsächlich ausgeprägt ist.
Ungeachtet der negativen Presse, die in dieser Woche über die Stadträte hereingebrochen ist: Eine Industrieansiedlung am Feistenberg in der uns allen bekannten Planung wird es mit dem Vorstoß des Pirnaer Stadtrates von letzter Woche nicht geben. Diesen IPO wollen wir auch im Pirnaer Stadtrat nicht.

Was wir auch nicht wollen ist, dass die hintergründige Idee für eine stärkere Wirtschaftskraft in Pirna, mehr Steuereinnahmen und Zuzug junger einkommenstarker Familien zusammen mit dem IPO stirbt. Ein entsprechender Stadtratsantrag wurde neben mir von weiteren 18 Stadträten unterzeichnet und in der Stadtratssitzung am 5.11.2019 eingereicht. Hier können Sie den Antrag einsehen und sich über den genauen Inhalt informieren.
Mit dem Bürgerbegehren wurde eine Grundsatzdiskussion innerhalb der Einwohnerschaft ausgelöst über ein Projekt, das bis dahin die wenigsten Pirnaer auf dem Schirm hatten und die nun auch den Pirnaer Stadtrat erreicht hat. Tausende haben sich aus den unterschiedlichsten Gründen am Bürgerbegehren beteiligt. Einige sind Betroffene; sie wohnen in unmittelbarer Nähe des geplanten Industrieparks. Viele wollen bei dem Großprojekt schlicht mitbestimmen und besser informiert werden. Aus unzähligen persönlichen Gesprächen wissen wir, das kein Unterzeichner wirtschaftliche Weiterentwicklung in Pirna ablehnt, wenn diese nachhaltig und ökologisch geplant ist.
Wenn die finanziellen städtischen Risiken überschaubar bleiben und die Pirnaer Infrastruktur mit Kindertagesstätten und Schulplätzen sich im Gleichschritt entwickeln mit der Ansiedlung von neuen Unternehmen und der damit verbundenen Schaffung neuer Jobs, die wiederrum Zuzug nach Pirna bedeuten, dann ist kein Grund ersichtlich, warum wir uns neuen Ideen für einen Pirnaer Technologiepark verweigern sollten. Wir wollen in Pirna wirtschaftliche Weiterentwicklung. Deshalb hat sich im Pirnaer Stadtrat eine deutliche Mehrheit von Stadträten fraktionsübergreifend zusammengetan, um dafür eine Idee mit tragfähigem Fundament zu entwickeln.
Fakt ist: Vom Tourismus allein werden wir in Pirna auf Dauer nicht leben können. Kitas, Schulen, Straßenbau und Vereine müssen und wollen finanziert werden, damit Pirna für uns alle Heimat bleibt, berufliche Abwanderung von Pirnaern im besten Fall umgekehrt wird. Unseren Kindern und Enkeln müssen wir eine Perspektive in Pirna bieten, damit sie das heimatliche Nest nicht verlassen müssen um beruflich erfolgreich zu sein. Wir brauchen in den nächsten Jahren nicht nur mehr und besser ausgestattete Plätze in unseren Kindertagesstätten, Grundschulen und Gymnasien, sondern auch Ausbildungs- und Arbeitsplätze für unsere Kinder und Enkel.
Dafür muss der IPO neu gedacht werden. Das wollen wir jetzt gemeinsam angehen. Wir wollen die Bürger von Anfang an einbinden und begeistern. Denn es ist unsere Stadt. Das sollten wir bei allen großangelegten Planungen nicht vergessen.
Wenn wir die Fragen nach dem Wo und Wie hier in und für Pirna nicht beantworten können oder wollen, dann werden Unternehmen ihre Pläne in einer anderen Stadt verwirklichen. Und zwar dort, wo es nur eine Frage zu beantworten gibt: Und das ist die nach dem Wann. Wir sollten das, was wir anpacken wollen, also gründlich tun, uns aber nicht ewig Zeit lassen, denn die Unternehmen haben diese Zeit nicht. Wirtschaftliche Prozesse laufen schneller ab als politische.
Lasst uns miteinander diskutieren. Lasst uns fair streiten. Lasst uns gemeinsam Pirna entwickeln und voranbringen. Denn es ist unsere Stadt.