Die Stadtverwaltung Pirna wurde in der 5. Sitzung des Stadtrates am 10.12.2019 beauftragt, die rechtlichen Möglichkeiten und die finanziellen Auswirkungen der Entwicklung eines Technologieparks alleinig auf Pirnaer Gebiet zu prüfen. Der Beschlusstext lautet:
Die Stadtverwaltung soll prüfen,
- welche Auswirkungen die Weiterführung des Zweckverbandes durch die Stadt Pirna nach einem Ausstieg der Städte Heidenau und/oder Dohna hätte und
- die erforderlichen Schritte zur kurzfristigen Etablierung eines innovativen und umweltverträglichen Technologieparks ausschließlich auf Pirnaer Flur aufzeigen.
Der Prüfauftrag umfasst alle wesentlichen formal- und planungsrechtlichen sowie finanzielle und fördertechnische Fragen. Das Ergebnis ist dem Stadtrat in seiner nächsten Sitzung vorzulegen.
Damit steht schon heute fest: Einen Industriepark Oberelbe – kurz: IPO – wird es, so wie wir ihn alle aus der bisherigen Planung kennen, nicht geben.

Wie kam es zu diesem Beschluss?
Mit dem Ziel, wirtschaftliche Entwicklung nicht ausbremsen zu wollen, sondern den Bürgern Pirnas zu einem Mitbestimmungsrecht zu verhelfen, haben Daniel Szenes und ich vor einem Jahr, am 11.09.2018 ein Bürgerbegehren in Pirna gestartet. Das Ziel war nicht den IPO zu verhindern, sondern ein Bürgerentscheid zu der Frage, ob am Feistenberg ein Industriegebiet entstehen soll. Nicht mehr und nicht weniger.
Die Entwicklung von (Brach-)Flächen für Neuansiedlungen und für Investitionsmöglichkeiten für bestehende Unternehmen halte ich für die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung Pirnas nach wie vor für erforderlich. Gigantismus bei ungeklärtem Ansiedlungsinteresse von Investoren, offenen Finanzierungs- und Umweltfragen lehne ich weiterhin ab.
Wie ist der Stand beim Bürgerbegehren?
Das Bürgerbegehren wurde fristgerecht eingereicht. Über 3.000 Pirnaer Bürger haben es unterzeichnet. Der Pirnaer Stadtrat wird in einer seiner nächsten Sitzungen Anfang 2020 über die Zulässigkeit entscheiden. Fällt diese Entscheidung positiv aus, werden die Pirnaer innerhalb von drei Monaten zu einem Bürgerentscheid in die Wahlkabine gerufen. Der Knackpunkt ist die Fragestellung: Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke hat uns für das Bürgerbegehren die Frage „Am Feistenberg soll ein Industrie-/Gewerbegebiet entstehen?“ empfohlen. Dennoch könnte diese oder eine sinngemäß ähnlich formulierte Frage einem Bürgerentscheid nicht zugänglich sein, weil sie nicht in die Zuständigkeit des Pirnaer Stadtrates, sondern in die des Zweckverbandes fällt.
Dennoch: Allein durch die Unterschriftensammlung für einen Bürgerentscheid wurde bereits ein Ziel erreicht: In den Stadtparlamenten begann sich auf Grund der durch die Bürgerbegehren ausgelösten öffentlich geführten Diskussionen über den Sinn und Unsinn eines Industrieparks am Feistenberg mit all seinen Einflüssen auf die Natur wie die Kaltluftentstehungsschneisen und die Regenwasserproblematik eine rege Debatte zu entwickeln. Die Entscheidungsträger in den drei beteiligten Städten und die Planer mussten das Projekt IPO selbst kritisch hinterfragen, das darin gipfelte, dass sich kürzlich der Dohnaer Stadtrat mehrheitlich und wiederholt nicht nur gegen den IPO, sondern auch gegen den Zweckverband ausgesprach. Eine Entscheidung, die keinen Bestand haben wird, da ein Ausstieg Dohnas aus dem Zweckverband nach dessen Satzung erst zum 01.01.2023 möglich ist. Zudem ist ein Ausstieg auf Grund der Mehrheitsverhältnisse in der Zweckverbandsversammlung (Pirna: 6 Stimmen, Heidenau und Dohna: jeweils 2 Stimmen) nur möglich, wenn Pirna zustimmt.
Wir Pirnaer Stadträte sind Pirna und seinen Einwohnern verpflichtet. Mit Akteuren im Zweckverband, die eigene, zur Zielsetzung der Partner entgegengesetzt laufende Interessen verfolgen, wird sich eine Zusammenarbeit schwierig gestalten lassen. Pirna wird dem Wunsch Dohnas, aus dem Zweckverband auszutreten, nicht im Wege stehen, wenn Dohna auf dem Ausstieg besteht.
Wie geht es nach dem Beschluss weiter?
Als einen der ersten Schritte werden wir zusammen mit interessierten Bürgern und Interessensgruppen ein Leitbild für einen innovativen Technologiepark entwickeln. Investitionsbereite umliegende Gemeinden sind ebenso wie Dohna und Heidenau eingeladen, sich an diesem Prozess zu beteiligen. Die Entwicklung dieses Leitbildes wird von den Stadträten ausgehen und auf breiter öffentlicher und fachlich fundierter Basis erfolgen. Dazu wird der Stadtrat Persönlichkeiten aus den Bereichen Wirtschaft, Ökologie, Landschaftsgestaltung und Soziales zur Mitarbeit in einen Beirat einladen.
Zudem muss die Satzung des Zweckverbandes an die neue Entwicklung angepasst werden. In diesem Zusammenhang werden wir die Satzung so gestalten, dass sie demokratischen Grundsätzen genügt. In der jetzigen Form ist die Satzung keine Arbeitsgrundlage für uns Stadträte, da sie demokratische Entscheidungen in den Stadtparlamenten verhindert. Bis heute werden alle Entscheidungen in der Zweckverbandsversammlung getroffen (siehe oben zur Problematik der Fragestellung im Bürgerbegehren). Die Städte sind zu reinen Geldgebern degradiert. Das kann und darf so nicht sein. Es muss festgeschrieben sein, dass die Stadträte jederzeit Eingriffs- und Veränderungsmöglichkeiten in den Planungs- und Umsetzungsprozess haben. Aussagen wie „Das haben die Stadträte in den drei Städten vor drei Jahren so beschlossen.“ oder „Das können wir jetzt nicht mehr ändern.“ werden damit der Vergangenheit angehören.
Wo, Wie, Wann und mit welchen finanziellen kommunalen Eigenmitteln in und um Pirna Flächen für Neuansiedlungen und Unternehmenserweiterungen letztendlich entstehen könnten, wird beantwortet werden, wenn dieses Leitbild entwickelt und das Vorhaben mit den Bürgern diskutiert wurde und von ihnen mitgetragen wird.
Um das zu erreichen, sind alle interessierten Bürger und Interessensvereinigungen eingeladen, sich an diesem Prozess konstruktiv zu beteiligen. Die Vergangenheit hat in Sachen IPO ganz klar gezeigt: Ohne die Bürger hinter sich zu haben, geht gar nichts. Packen wir es an⁉