„Schluss mit Citybus“

Der Citybus entfachte unter den Pirnaern lebhafte Diskussionen über die Linienführung, Fahrgastzahlen und Fahrzeiten. Seit dem Neujahrstag 2020 ist dieser Citybus Geschichte. Am Tag zuvor fuhr der Citybus das letzte Mal seine Runde durch die Stadt. Ich habe es mir nicht nehmen lassen und war bei dieser Fahrt dabei. Am Ende dieses Beitrages lade ich Sie in einem Videobeitrag ein, mit mir im Citybus auf seiner letzten Runde „Platz zu nehmen“.

Die Sächsische Zeitung hat in Ihren Ausgaben am 27. und am 31.12.2019 zur Beendigung des Citybusbetriebes berichtet. Um die Meinung der Stadtratsfraktionen zu diesem Thema abzufragen, wurden im Vorfeld an die Fraktionen gleichlautende Presseanfragen verschickt und um Beantwortung gebeten. In den Artikeln wird meine Fraktion wie folgt zitiert:

Auch die Fraktion „Pirna kann mehr – Pirnaer Bürgerinitiativen“ spricht sich gegen einen Weiterbetrieb aus – vor allem, um nicht noch mehr Steuergeld für das Projekt auszugeben.

Die Fraktion „Pirna kann mehr – Pirnaer Bürgerinitiativen“ sieht gleich mehrere Gründe: unzureichende Linienführung, nicht an die Ankunftszeit der S-Bahn angepasste Taktzeiten, geringe Fahrgastzahlen. „Der Citybus ist offensichtlich trotz des großen finanziellen städtischen Aufwandes und des verlockenden Fahrpreises kein attraktives Verkehrsmittel für die Pirnaer und ihre Gäste.“

Nach meiner Meinung bilden diese kurzen Zitate die Zusammenhänge und die Gründe der Beendigung des Citybusbetriebes aus der Sicht meiner Fraktion nicht einmal ansatzweise ab. Damit sich jeder Interessierte sein Bild machen kann, veröffentliche ich die Fragen der Sächsischen Zeitung und die durch meine Fraktion verfassten und übermittelten Antworten:

Frage 1 | Ist es im Interesse der Fraktion, das Projekt Citybus nach einer 2,5-jährigen Testphase jetzt auslaufen zu lassen? Wenn ja, warum?

Frage 2 | Warum hat die Fraktion keine Verlängerung des Citybusbetriebes über 2019 hinaus beantragt?

Frage 3 | Warum gibt die Fraktion diesem Verkehrsmittel nicht noch eine Chance?

Die Fragen 1, 2 und 3 beantworte ich zusammenfassend wie folgt: Der Stadtrat der vorangegangenen Legislaturperiode hat in seiner Sitzung am 06.06.2019 mehrheitlich dem Änderungsantrag der Fraktion Freie Wähler zur Verlängerung des Citybusbetriebes bis Ende 2019 zugestimmt. Zuvor war in selbiger Sitzung der Antrag der Fraktion Die Linke auf Verlängerung des Citybusbetriebes bis Ende 2020 mehrheitlich abgelehnt wurden.

Im Zusammenhang mit der Verlängerung bis 31.12.2019 war vorgesehen, dass der Stadtrat spätestens im November 2019 über die Zukunft des Citybuses erneut berät, um gegebenenfalls noch vor Ende der Testphase eine weiterführende Beschlussfassung vornehmen zu können. Doch dazu kam es nicht mehr. Mit einer Information an die Stadträte teilte die Stadtverwaltung per Informationsschreiben knapp drei Monate nach Beschlussfassung am 30.08.2019 mit, dass seitens des Landesamtes für Straßen und Verkehr (LASuV) nur eine einmalige zeitliche Verlängerung der Probephase möglich und damit eine weitere Verlängerung der Probephase nicht möglich sei. Damit endet der Betrieb des Citybusses am 31.12.2019. Ein Fakt, den wir so akzeptieren müssen.

Frage 4 | Warum ist es aus Sicht der Fraktion nicht gelungen, den Citybus erfolgreich zu etablieren?

Aus Sicht der Fraktion Pirna kann mehr|Pirnaer Bürgerinitiativen ist es aus mehreren Gründen nicht gelungen, den Citybus als Verkehrsmittel zu etablieren. Unsere Fraktion hat bereits frühzeitig angemahnt, die Linienführung attraktiv zu gestalten. Eine Einbindung des Ärztehauses am Felsenkeller, der Sportschwimmhalle, des Geibeltbades, des Seniorenzentrums „Sächsische Schweiz“ und des Friedhofes sowie eine Ausweitung der Fahrtzeiten in die Abendstunden mit Anbindung der Ortsteile wie Neundorf, der Südvorstadt und Graupa scheiterte an gesetzlichen und vertraglichen Auflagen.

Zudem lag dem Betrieb des Citybusses als Bindeglied zwischen den Anbietern des öffentlichen Personennahverkehrs auf der Straße, der Schiene und dem Wasser und dem Individualverkehr kein ausreichend durchdachtes Konzept zu Grunde. Der Citybus zog abgesehen vom eigenen Fahrplan planlos seine Runden durch die Innenstadt. Die Verlegung der Citybushaltestelle vom Busbahnhof an den ZOB war zwar an die Ankunftszeiten der S-Bahn angepasst, die Bus-Umsteiger am ZOB ließen den Citybus nun aber links liegen. Dies betraf vor allem gehbehinderte und ältere Menschen, die die Wegstrecke zwischen ZOB und Citybus scheuten.

Grundsätzlich betrachtet waren die Fahrgastzahlen zu gering, um auch nur ansatzweise von einer Akzeptanz zu sprechen. Unsere Beobachtungen deckten sich dabei mit denen vieler Pirnaer. Der Citybus ist offensichtlich trotz des großen finanziellen städtischen Aufwands und der verlockenden Fahrpreise (1,50 Euro | 1,00 Euro ermäßigt für das Einzel-Tagesticket, Einbindung in das VVO-Tarifsystem u.a. mit kostenfreier Nutzung für Dauerkarteninhaber) kein attraktives Verkehrsmittel für die Pirnaer und die Gäste unserer Stadt. Der jährliche städtische Anteil an den Betriebskosten von 92.000 Euro für leere Busse sind zudem nicht gegenüber den Bürgern vertretbar.

Frage 5 | Was wäre aus Sicht der Fraktion eine denkbare Alternative zum Citybus?

Wenn ein Stadtbus in Pirna eine Chance auf dauerhafte Durchführbarkeit haben soll, müssen wir diesen mit einer attraktiven Taktung in die Wohngebiete kriegen, besonders dann, wenn abends und am Wochenende die öffentlichen Linien nicht mehr fahren. Das sich eine Erhöhung der Taktung positiv auf die Fahrgastzahlen und damit die Akzeptanz auswirkt, das hat die S-Bahn bewiesen. Die S-Bahn hat ihre Taktung zwischen Pirna und Dresden stark verdichtet, die Fahrgastzahlen haben sich im Gleichschritt erhöht.

Zudem sollte darüber nachgedacht werden, den Bus in die Schülerverkehre einzubinden. Dafür sind entsprechende Absprachen mit dem Landratsamt zu führen. Grundsätzlich sieht die Fraktion PKM | PBI schon allein auf Grund des hohen Parkdrucks in der Innenstadt einen Stadtbus als Alternative zur Nutzung des eigenen PKWs.

Frage 6 | Wie sollte aus Sicht der Fraktion der öffentliche Nahverkehr in der Stadt künftig aussehen?

Die Etablierung einer attraktiven innerstädtischen, stadtteilverbindenden Buslinie im Rahmen der Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplanes 2030 haben wir als Ziel unserer Fraktion formuliert. Auch ob und wie ein Anruf-Sammel-Taxi eine Buslinie ergänzen und erweitern kann, werden wir in der Bürgerschaft und im Stadtrat thematisieren.

Ein ÖPNV muss sich immer an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Wir sind der Meinung, unser ganzes Liniennetz sollte wie vor ein paar Jahren bei den DVB auf den Prüfstand. Über einen längeren Zeitraum Fahrgastzählungen und Befragungen, um dann ein ganz neues Linienkonzept zu erstellen. Linien die kaum genutzt werden, einschränken. Linien die stark genutzt werden, müssen ausgebaut werden. Das würde eine effektivere Nutzung der Mittel erbringen. Die Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplanes VEP 2030 wird insbesondere dem Ausbau des ÖPNV im Gegensatz zum derzeitigen Stand eine höhere Gewichtung verleihen.

Frage 7 | In welcher Form wäre ein Stadtbusverkehr für die Pirnaer attraktiv?

Wie bereits in der Antwort zur Frage 4 formuliert, sehen wir eine Chance für einen attraktiven Stadtbus nur dann, wenn dieser seiner Aufgabe gerecht werden kann. Dies ist nicht die Verbindung von Haltestellen untereinander, sondern von Menschen in den Pirnaer Stadtteilen miteinander. Attraktive Fahrpreise und eine kurze Taktung spielen dabei für einen Stadtbus die gleiche entscheidende Rolle wie das Anfahren kultureller, behördlicher und medizinischer Einrichtungen wie Kino, Wagner-Stätten Graupa, Rathaus, Landratsamt, Arbeitsamt, Geibeltbad, die Knotenpunkte des öffentlichen Personennahverkehrs, Parkmöglichkeiten am Stadtrand und der Parkhäuser, kurzum innerstädtische Hotspots, die für den angedachten Nutzerkreis attraktiv sind.

Um dies alles umsetzen zu können, wird es erforderlich sein, eine Stadtbuslinie losgelöst vom VVO zu betreiben.

31.12.2019 | 13.55 Uhr | Eine letzte Runde mit dem Citybus

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