Alle Jahre wieder – Ärger im Schülerverkehr zu Schuljahresbeginn

Die Sächsische Zeitung berichtet in ihrer Printausgabe am 24.09.2020 unter dem Titel „Volle Busse in Pirna nerven“ über die Sicht eines Vaters auf den Schülerverkehr in Pirna. 

🕑 Lesezeit: 3 Minuten

Dessen Tochter fährt mit dem Bus an der Haltestelle Breite Straße zur Grundschule in Neundorf. Der Bus sei am 08.09.2020 vom ZOB schon so voll angekommen, dass der Fahrer mehrmals zum Nachrutschen hat aufrufen müssen, so die Zeitung.

„Die Kinder, teilweise aus der ersten Klasse, stehen dicht gedrängt mit Angstblicken im Bus. Der gepredigte 1,5 Meter Abstand wird nicht eingehalten.“, zitiert die SZ den besorgten Vater.

Zudem gibt er zu Bedenken, es führen vermutlich mehr Personen im Bus mit, als erlaubt sei. Zusätzlich müssten die Ein- und Ausstiege freigehalten werden. Auch sollten sich die Kinder stets einen festen Halt im Bus verschaffen können. Dies sei nicht immer möglich, die Art der Beförderung sei aus seiner Sicht grob fahrlässig. 

Die Verkehrssituation morgens 7.15 Uhr vor der Evangelischen Grundschule

Der Pirnaer fordert die Verantwortlichen auf, zu handeln. „Wir bitten wenigstens um mehr Busverbindungen beziehungsweise größere Busse“, sagt der Familienvater gegenüber der SZ.

Zwei Tage vor Ort im Schulbusverkehr Richtung Neundorf

Wie stellte sich die Situation auf der Buslinie N mit Start am ZOB, über Breite Straße, Evangelisches Schulzentrum nach Neundorf eine Woche später am 16. und 17.09.2020 dar? Ich war an diesen beiden Tagen vor Ort und habe mir ein Lagebild machen können.

Zwischen 6.57 Uhr und 7.10 Uhr starten am ZOB vier Busse in Richtung Evangelisches Schulzentrum (Fahrtzeit 9 Minuten), zwei davon fahren weiter nach Neundorf:

Die Busse mit Abfahrt 6.57 Uhr und 7.00 Uhr enden jeweils am Evangelischen Schulzentrum und waren am Mittwoch, 16.09.2020 bei ihrer Ankunft an der Schule mit 44 bzw. 42 Schüler_innen besetzt und damit etwas mehr als zur Hälfte ausgelastet.

Die Busse mit Abfahrt 6.58 Uhr (Gelenkbus) und 7.10 Uhr fahren nach Halt am Evangelischen Schulzentrum weiter bis Neundorf. Am Donnerstag, 17.09.2020 stiegen am Evangelischem Schulzentrum 75 (80% Auslastung) bzw. 29 Schüler_innen (30% Auslastung) aus, zwei bzw. keine Schüler_innen sind an diesem Tag nach Neundorf weitergefahren.

Während meines ehrenamtlichen Einsatzes als Schulbusbegleiter war an diesen beiden Tagen in keinem der Busse die Situation so, dass man die Art der Beförderung auch nur ansatzweise als grob fahrlässig bezeichnen könnte. So meine Einschätzung. Und: Wenn die Sicherheit der Schüler_innen gefährdet sein könnte, wird kein Busfahrer die Fahrt antreten oder fortsetzen.

Platzmangel soll im morgendlichen Schülerverkehr auch auf der Linie G/L zwischen Graupa und dem Sonnenstein bestehen. So schreibt mir via Facebook Frau S., die am ersten Schultag ihren Sohn im Bus bis zur Haltestelle Bergstraße (Schillergymnasium) begleitet hatte, dass der Gelenkbus so voll gewesen sei, dass ein Kind auf der Breite Straße nicht mitgenommen werden konnte.

Was sagt der RVSOE?

Dort kenne man die Problematik, so die SZ. Da im öffentlichen Personennahverkehr die 1,5 Meter-Abstandsregelung nicht eingehalten werden kann, bestehe die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Mehr Busse beziehungsweise größere Busse in den morgendlichen Spitzenzeiten fahren zu lassen, sei nicht möglich, da bereits alle vorhandenen Busse in diesen Zeiten im Einsatz wären, so der Geschäftsführer des RVSOE, Uwe Thiele, gegenüber der SZ.

Darüber hinaus seien sämtliche Fahrzeuge im Linienverkehr mit Sitz- und Stellplätzen zugelassen. „Folglich kann nicht jeder Fahrgast mit einem Sitzplatz rechnen, sondern muss eventuell auch mal stehen“, so Thiele. Überhaupt möchte er das Problem einordnen. „Generell ist es so, dass am Schuljahresbeginn fast alle Schüler zur selben Zeit Unterrichtsbeginn haben. Aus unserer Erfahrung entspannt sich die Situation aber im Laufe des Schuljahres und somit entspannt sich auch die Situation im Bus“, so Thiele im Interview mit der SZ.

Dem Gesagten kann der Vater von der Haltestelle Breite Straße nicht folgen. Die Lage entspanne sich, weil immer mehr Eltern ihre Kinder wegen der vollen Busse mit dem Auto zur Schule bringen, betont er gegenüber der SZ.

Dem Pirnaer Stadtrat sind die Hände gebunden

Wie die Sächsische Zeitung weiter berichtet, nimmt sich nun die Politik des Themas in Person eines Pirnaer CDU-Stadtrates an. Dieser will jetzt Kontakt mit dem Regionalverkehr Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (RVSOE) aufnehmen, um gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, berichtet die SZ. Auch für ihn wären mehr Touren zu den Stoßzeiten ein möglicher Ansatz. 

Die Erwähnung des Pirnaer Stadtrates erweckt beim Leser den Eindruck, Pirna selbst könne in die Planungen des Schülerverkehrs eingreifen und Verbesserungen für die Pirnaer Schüler_innen auf deren Weg in die Schulen erreichen.

Dem ist nicht so! Der Schülerverkehr liegt in der Hoheit des Landkreises und wird im Landratsamt in der entsprechenden Abteilung geplant und überwacht. Auch auf die Taktung, die Fahrtzeiten, die Linienführung und die Preise der innerstädtisch fahrenden Buslinien hat Pirna keinen Einfluss.

Seit Jahren mahnt Pirna hier positive Veränderungen an. In Sachen Schülerverkehre ist der Kreistag das Entscheidungsgremium zur Verbesserung der Situation.

Ziel soll trotz der jährlich zu Schulbeginn wiederkehrenden Startschwierigkeiten im Schülerverkehr bleiben, dass mehr Schüler_innen den Schulbus nutzen, anstatt die Eltern ihre Kinder mit dem Auto in die Schule bringen. Durch das hohe Verkehrsaufkommen kommt es vor Schulen oft zu unübersichtlichen Situationen beim Halten und Ein- und Aussteigen sowie durch zu schnelles Fahren.

Als Vater habe ich Verständnis für die Sorgen der Eltern. Ich werde an dem Thema dranbleiben und meine Erkenntnisse als ehrenamtlicher Schulbusbegleiter in die Diskussion und Lösungsfindung mit einbringen. Auch die Stadt ist nicht untätig. So plant Pirna, im nahen Umfeld der Schulen sogenannte „Kiss-and-ride“-Zonen einzurichten. So bereits Geschehen in Copitz vor der Diesterweg-Grundschule und – kurz vor der Umsetzung – an der Pestalozzi-Oberschule.

Zum Schluß noch eine Zahl: 15 Millionen Euro überweist Pirna jedes Jahr an den Landkreis. Die Kreisumlage, die in unterschiedlichen Höhen von allen Städten und Gemeinden aufgebracht wird, dient zur Finanzierung der Aufgaben des Landkreises. Die Schülerbeförderung zählt auch dazu.


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