● 17.5.2021 | Untermarkt ab heute frei vom Durchgangsverkehr

🕑 Lesezeit: 5 Minuten

Die vom Stadtrat im Juli letzten Jahres beschlossene, vorerst versuchsweise Sperrung des Pirnaer Untermarktes für den PKW-Verkehr startet am heutigen Montag und wird somit zeitlich mit der Sperrung der Schloßstraße für die lange geplante Kanalsanierung in Einklang gebracht.

Am Wochenende berichtete der Wochenkurier unter dem Titel „Mehr Platz für Familien, Gastro und Kultur“ über die Unterbindung der Marktüberfahrt und brachte mehrere Ideen ins Spiel, mit welchen Maßnahmen die Attraktivität des Marktes erhöht werden kann. Auch die Sächsische Zeitung stellte das Vorhaben am Samstag nochmals vor und ging dabei auf die abschnittsweisen Sperrungen der Schloßstraße und Oberen Burgstraße ein, die auf Grund von Kanalarbeiten bis Oktober 2021 notwendig sind.

Die Sperrung des Untermarktes für den Durchgangsverkehr ist die Umsetzung des Verkehrsentwicklungsplanes VEP Pirna 2030:

„Auf dem Marktplatz als Zentrum der Altstadt ist die Aufenthaltsqualität durch die Ausweitung der Fußgängerzone auf die nordöstliche Hälfte des Platzes zu erhöhen.“ (Anlage 03 VEP 2030 Teil 3 – Kap. 5.3.1, S. 71 ff. und Abb. 23).

Die Unterbindung der Durchfahrt über den Untermarkt zwischen Ratsherrenstuben und Canalettohaus ist zusammen mit der Erhöhung der Parkgebühren die verkehrspolitisch weitreichendste Maßnahme vergangenen Jahrzehnte zur Verkehrsberuhigung in der Pirnaer Innenstadt.

In meinem Redebeitrag in der Stadtratssitzung am 14. Juli 2020 bin ich auf die 30-jährige Geschichte der Idee eines verkehrsfreien Pirnaer Untermarktes eingegangen und habe dargestellt, weshalb auch die Verkehrsplaner die Durchführung des Verkehrsversuches begrüßen.

Auf Pirna TV habe ich erläutert, warum ein verkehrsfreier Untermarkt mit dazu beiträgt, die Aufenthaltsqualität für alle Pirnaer und die Gäste unserer Stadt zu erhöhen und die Lebensqualität der Anwohner – insbesondere in der Altstadt – zu verbessern.

Zum Vergrößern bitte das Bild anklicken

Die lange Geschichte eines verkehrsfreien Marktplatzes

Bereits Anfang der 90er Jahre beschäftigten sich Stadtrat, Verwaltung und Verkehrsplaner mit dem Thema „Autofreier Markt“.

Schon der im Juni 1992 (!) vom Stadtrat beschlossene erste Pirnaer Verkehrsentwicklungsplan sah unter den kurzfristig (d.h. bis 1995) umzusetzenden Maßnahmen die Ausweitung der Fußgängerzone bis zur Marienkirche und damit die Unterbrechung der Marktdurchfahrt vor. Und das bei einem Gesamtverkehrssystem, das bis 1995 weder eine zweite Elbbrücke noch eine Innenstadtumfahrung der B172 vorsah.

2007 – 17 Jahre nach der Wende hat es Pirna geschafft, den Verkehr vom Obermarkt wegzubekommen. Ziel war ein autofreier Canalettoblick. Ist das von den Pirnaern und unseren Gästen gut angenommen wurden? Ja. Der Canalettoblick ist die meistfotografierte Ansicht Pirnas.

Parken auf dem Markt wird weiterhin möglich sein

Im Zusammenhang mit der Sperrung des Untermarkts wird auch argumentiert, das Vorhaben sei schlecht für den Einzelhandel und die Gastronomen. Umsatz würde wegbrechen, die Innenstadt aussterben, wenn Autos nicht über den Untermarkt Richtung Schloßstraße/Polizeirevier fahren können. Des Weiteren hält sich hartnäckig, auf dem Markt würde zukünftig Parken nicht mehr möglich sein oder der Markt wäre gar vollständig für den Autoverkehr gesperrt.

Der Logik folgend, ohne Parkplätze und regen Durchgangsverkehr über den Markt würde die Innenstadt aussterben, müssten nur alle öffentlichen Parkplätze in Pirna kostenlos nutzbar und der komplette historische Marktplatz ein großer öffentlicher Parkplatz sein und schon wären alle zufrieden und die Kassen der Einzelhändler voll. Doch so einfach ist es nicht!

In einer früheren Studie des Bundesministeriums für Verkehr wurden die Zusammenhänge zwischen Innenstadtverkehr und Einzelhandel untersucht.

Was sind die Kernaussagen der Untersuchung?

  • Die Förderung des ÖPNV im Umweltverbund stärkt die Kaufkraftbindung an den Standort Innenstadt und damit den lokalen Einzelhandel eher, als ein weiterer Ausbau der Parkmöglichkeiten.
  • Bei der Gesamtbeurteilung der Innenstadt ist den Kunden die Attraktivität wichtiger, als die Erreichbarkeit; bei der Beurteilung der Attraktivität wurden folgende Kriterien als besonders wichtig beurteilt:
  1. Einkaufsatmosphäre
  2. Angebot an Fachgeschäften mit Beratung
  3. Angebot an preisgünstigen Geschäften
  4. Größe und Vielfalt des Warenangebotes
  5. geringe Belästigung durch den Autoverkehr

Wie auch Anwohner, Einzelhändler und Gastronomen von einem autofreien Untermarkt profitieren werden

Die Studie zeigt, dass der Erfolg oder Misserfolg eines Gewerbetreibenden nicht von einem öffentlichen, möglichst kostenfreien und in Geschäftsnähe befindlichen Parkplatzes abhängt.

Auch die Pirnaer Einzelhändler und Gastronomen wissen, dass mit hoher Qualität, Kundenfreundlichkeit, Service, einem ausgesuchten Angebot, kundenorientierten Öffnungszeiten und einem ansprechendem Ambiente Kunden gewonnen und gehalten werden können. Hier sollte zum Beispiel beim Stichwort „Parkgebührenerstattung an die Kunden“ die Kooperation zwischen Stadtverwaltung, Parkhausbetreibern und Gewerbetreibenden gesucht und weiter ausgebaut werden.

Es ist ein unumstößlicher Fakt, dem sich jeder Einzelhändler und jeder Gastronom bewusst ist: Der Einzelhandel und die Gastronomie in der Innenstadt machen nur dann Umsatz, wenn die Menschen oft und gern in die Altstadt kommen und sich dort möglichst lange aufhalten. Denn nur so werden aus Menschen Kunden, die gern Geld in Pirna ausgeben.

Damit das passiert, braucht Pirna eine attraktive Innenstadt mit einer hohen Aufenthaltsqualität. Nach jahrelangen Diskussionen und Willensbekundungen im Verkehrsentwicklungsplan VEP 2030 wollen wir das Thema „Parken und Verkehr in der Innenstadt“ nun anfassen und positiv gestalten.

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Auf dem Markt fallen Stellplätze weg

Mit der Sperrung des Untermarktes werden an der nördlichen Rathausseite und vor der Touristeninformation gegenüber dem Standesamt zu Gunsten einer in der Fläche vergrößerten Außengastronomie und zur Schaffung von Ruhezonen Stellplätze weggefallen.

Richtig ist auch, dass der Markt aus Richtung Badergasse während der Unterbindung des Durchgangsverkehrs über den Untermarkt wie bisher befahrbar bleibt. Das Parken wird dann auf dem Markt auch weiterhin beidseits zwischen Tchibo und Schössergasse vor Schuh-Eppstädt und gegenüber am Rathaus möglich sein.

Pirna braucht mehr Anwohnerstellplätze in der Altstadt

Das Ziel der Verkehrsberuhigung, für Alle eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität in der Altstadt zu erreichen, wird auch mit einer Verbesserung der Lebensqualität für die Anwohner einhergehen.

Die Bedenken der Anwohner zur Sperrung der Marktüberfahrung in Anbetracht des bereits schon jetzt bestehenden Mangels an Anwohnerstellplätzen in der Altstadt – insbesondere in den Abendstunden und am Wochenende – teile ich und halte gleichsam entgegen:

Die Erhöhung der Parkgebühren und der Gebührenzeit sehe ich als eine Möglichkeit an, Parkverkehr aus der Altstadt heraus, hinein in die Parkhäuser zu lenken. Dadurch verbessert sich das Angebot an Anwohnerstellplätzen und wird damit zu einer Entlastung der angespannten Stellplatzsituation für die Anwohner beitragen. Zusätzlich liegt der Stadtverwaltung ein Vorschlag auf dem Tisch, auf der Grohmannstraße weitere Stellflächen für das Anwohnerparken zur Verfügung zu stellen.

Der Zeitpunkt ist ungünstig

Mir ist klar, dass die Unterbindung der Überfahrung des Untermarktes für PKWs in eine coronabedingt ungünstige Zeit fällt, die Gastronomie ist geschlossen, Einzelhandel nur mit Einschränkungen möglich. Der Vorwurf, ab Mitte Mai würde jetzt eine Verkehrsberuhigungsmaßnahme zur Unzeit durchgeführt, ist für mich dennoch zu kurz gedacht.

Ich bin optimistisch und weiß, dass es eine Zeit nach Corona gibt und ich hoffe, dass diese Zeit bereits spätestens in diesem Sommer beginnen kann. Damit die Einzelhändler und Gastronomen optimale Startbedingungen für die Zeit nach den Coronaeinschränkungen vorfinden können, muss und wird auch die Stadt Pirna ihren Beitrag dazu leisten – heute und nicht morgen und mit der Umsetzung zukunftsweisender Ideen, basierend auf Erkenntnissen von Verkehrsexperten und Städteplanern.

Ein Leserbrief an die SZ

Lassen wir am Ende ein Pirnaer Original, die anerkannte Instanz mit Horn, Laterne und Torschlüssel, den Pirn’schen Nachtwächter Wolfgang Bieberstein zu Wort kommen. Dieser hat sich zum Vorhaben per Leserbrief in der Sächsischen Zeitung wie folgt geäußert:


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